Mittwoch, Oktober 05, 2005

die wilde kreatur

ich haenge ein bisschen hinter meiner berichterstattung her, denn wir sind inzwischen an der letzten station unserer reise angelangt. wieder am meer, schlaf und gutes essen und vielleicht der eine oder andere blogeintrag, bevor die erbarmungslose sonne hier die letzten erinnerungen aus meinem kopf herausdampft...

ein epochales highlight war zum beispiel unsere safari im mudumalai - wildpark. ich hab den wilden kreaturen zwar nicht ins auge blicken koennen, aber immerhin in den nacken, denn wir sassen im bus ganz hinten.
im hinteren von zwei bussen, um genau zu sein. das ist erwaehnenswert, denn wenn da draussen auch nur ein einziges tier war, dann ist es bestimmt nicht an der strasse sitzengeblieben, um der ganzen kolonne zu winken.

wir hatten also freie sicht auf den mudumalai wald. eine weile hab ich auch noch versucht bei dem geruettel mit dem teleobjektiv im gebuesch nach essbarem zu stochern, dann fiel mir aber eine der zentralen binsenweisheiten unseres trunkenen zimmernachbarn in ooty ein: "the wildest kreature on earth is human"

recht haste.

ich wende mich also der tatsaechlichen sehenswuerdigkeit zu: uns. wir sind ein etwa zwanzigkoepfiges menschenmeer, das eingezwaengt in eine blechbuechse mal nach steuerbord und mal nach backbord schwappt. "a deer!! a deer!!!" toent einer mit besonders guten augen. das gefaehrt stoppt sofort und alle mannen hechten auf die seite, auf der das spektakel stattfindet. neunzehn fotoapparate machen einen haufen bilder, auf denen spaeter ein kleiner brauner fleck tatsaechlich mal ein hirsch gewesen sein wird.

und weiter geht die wilde jagd der zwanzig auf der suche nach ein bisschen thrill. die sonne sengt und die strasse zerruettelt selbst das konspirative zusammenspiel von koerpergeistundseele in lauter einzelteile.
nach einer viertelstunde spannung kommt eine wendeschleife. die menschlein stoeckeln ueber spitze steine zu einer aussichtsplattform hin.
unser reiseleiter versieht uns noch mit der information "5 minutes!", dann duerfen wir ziehen. das ist alles, was man ueber den mudumalai-naturpark wissen muss.
5 minutes.
nicht, dass es hier tiger, elefanten und sonstwas gibt oder gar, dass der beruechtigte raeuber veerappaan hier viele jahre lang sandelholz und menschen geraubt hat, bis er letztes jahr erschossen wurde und dass nur deshalb der park wieder offen ist...
5 minutes.
denn in 5 minutes kommt die naechste buskolonne und wir wuerden den eindruck von wilder unberuehrtheit mit unserer anwesenheit total kaputt machen.

ich persoenlich hab es, voellig ueberfordert von all den eindruecken, nicht mal bis ganz an die kante mit der tollen aussicht geschafft, als der busvorsitzende mich wieder auf meine platz zurueckscheucht. ich bin brav und sitze dafuer noch weitere 5 minutes ganz allein im bus.

auf der rueckfahrt gibt es noch viel weniger tiere zu sehen und unsere indischen mitreisenden fangen aus langeweile an, sich tiere herbeizuhalluzinieren. "a monkey!!!" alle springen auf die seite, wo nix ist, staunen eine weile ins gebuesch hinein, bis man sich einig wird, dass da wirklich gar nichts ist, kichern und setzen sich wieder bis zur naechsten fauna morgana.

mir schwant, dass wir fuer die tiere des waldes ein derart peinlicher anblick sein muessen... ein haufen erschreckter affen, zusammengepfercht in einem stinkenden blechvehikel, denn zu faul um zu laufen und zu schwach um zu rennen, wenn da draussen doch noch was leben sollte. eiern in der groessten hitze des tages, wo jedes halbwegs vernunftbegabtes tier im schatten bleibt, durch den wald und gaffen alles an und machen ah und oh, wenn sie was sehen, das sie noch nicht erschlagen, gefressen oder wenigstens eingesperrt haben...

ich kann den tiger verstehen, der sich diesen anblick erspart. :)

naja, die meisten tiere hab ich gesehen, waehrend wir auf die fahrkarten gewartet haben. trotzdem wars irgendwie lehrreich.
nach unserer wilden safari beobachten wir am fluss wie die arbeitselefanten geschrubbt werden. das ist sehr interessant. ein begleiter erzaehlt uns, dass elefant und reiter auf lebenszeit zusammenbleiben und dass es immer einen zweiten, mann gibt, der den elefanten mit pflegt und als reiter einspringt, wenn der erste stirbt.interessant ist auch, dass der elefant, den wir da beobachten in freiheit 35 menschen umgebracht hat, bevor er gefangen und gezaehmt wurde.

das merk ich mir und ich kann unseren fahrer verstehen, der auf der fahrt zurueck nach ooty nicht anhalten will, als am strassenrand tatsaechlich drei wilde eleanten auftauchen.
er hat sogar richtig angst und gibt mir zu verstehen, dass man nie weiss, wo die elis aus dem gebuesch auf die strasse kommen, dass wuetende elis sehr schnell laufen und nicht erst fragen, ob sie uns mal bitte ein bisschen zertrampeln duerfen. letztenendes muss er aber tun, was das weissbrot befiehlt, haelt aber in derart respektvoller entfernung, dass man auch noch aussteigen und ein stueck gehen muss, um der letzten freien kreatur wenigstens fuers fotoalbum noch eins ueberzubraten. dass da ausser uns noch wagenladungen von indern parken, jubeln und knipsen, dass die elis nicht aus lauter lebensfreude so trompeten, dass einer sogar auf den dreistesten bus losgeht und am ende alle drei weglaufen, tut der wildliferomanze keinen abbruch.

zufrieden kehren wir heim.