Samstag, September 24, 2005

karmakaufen 1

bisher war alles pampa. die grossen moloche, die wilden und struppigen untiere, die fauchen und bruellen und dir unversehens den kopf abbeissen, haben wir erst mal weitraeumig umschifft.

mysore ist ein kleiner moloch, ein niedlicher zum streicheln.

man kann es sich aussuchen, was passiert, wenn man vor die tuer tritt. entweder das tier springt dich an oder du das tier. wenn man eine total stressige stadt besucht, darf man sich nicht darueber aergern, dass alles so total stressig ist und so gebe ich mich dem zauber des untiers hin, der anscheinend darin besteht, dass es so undurchschaubar ist, so chaotisch und geheimnisvoll. glueck und unglueck liegen hier so maerchenhaft nah beieinander, dass es die menschen anzuziehen scheint wie das licht die motten.

morgendlicher spaziergang um den block. ich kaufe eine pepsi, die sich, simsalabim,noch auf dem weg zu mir erst in eine mirinda und dann in eine sevenup verwandelt.. zum glueck ist in allen eh der gleiche geschmack drin und ich bin nur scharf auf den zucker, nachdem ich mein erstes schokoladenexperiment zum wohle hiesiger ameisengemeinden abbrechen musste.

mittags stuerzen wir uns dann voll rein. in die hitze, in den gestank, dreck, laerm, ego und was menschen alles noch so um sich herum auftuermen, wenn sie zu staedten verklumpen.
die verkaeufer, die sich einem an die fersen heften, kleben sehr viel laenger als in hampi und auch das angebot an ueberfluessigem ist hier wesentlich breiter. meine weisse haut wird ploetzlich zur leuchtreklame und schon von weitem werde ich als beduerftig erkannt. floeten, geigen, weissagende papageien, angekokeltes gemuese und jede art von haengendem, stehendem oder einfach rumliegendem geklapper wird dem beduerftigen europamann feilgeboten. very cheap ist das verkaufsargument schlechthin, gerade als ob man dinge ausschliesslich nur aus diesem einen grund benoetigen kann...

es ist sonnenbrillenwetter und ich bin recht froh, dass ich die kleine schwarze schranke immer mal zwischen meinen und den augen der anderen runterlassen kann.

wenn dann dreckige kinder an mir rumzubbeln, mit kleinen bruederchen und schwesterchen auf dem arm, gekonnt traurig gucken und dabei ganz konkrete preisvorstellungen aeussern, damit der fette weisse sack gar nicht erst auf die idee kommt, nur eine einzige rupie rauszukramen, dann geht in meinem kopf immer eine sehr interessante gedankenkette los, deren ende ich bisher noch nicht erreicht habe.

irgendewann klaubt man dann schon mal eine muenze hervor, merkt aber, wenn man sie nicht allzuflott dem wimmerknirps zusteckt, dass man sich nicht gut fuehlt. eher unzufrieden, obwohl eine rupie nix ist und ich kein geizhals, fast schon ein bisschen schaebig und - da kommt es - ausgenommen.

ich bin der reiche onkel aus dem westen, das ist so und ich hatte nicht darum gebeten. ich bin nicht hierhergekommen, um damit anzugeben, schon gar nicht mich deswegen schlecht zu fuehlen. am allerwenigsten, um etwas daran zu aendern.

diesmal bleibt die rupie in meiner tasche.

Freitag, September 23, 2005

der popelnde dritte

wir haben in goa noch drei wirklich ausreichend feuchte tage verbracht.

anscheinend hat es so ein regenwetter wie in den letzten tagen
schon seit vielen jahren nicht mehr gegeben. in unserem schoenen strandhotel haetten ansonsten um die vierzig leute gegessen, jetzt sind hier acht personen und vier davon brechen zwischen zwei regenguessen auf, um mit dem flieger richtung bangalore abzuhauen.

das menschenmeer der computerstadt bleibt uns wetgehend erspart draussen vor dem taxi, das uns nach mysore bringen wird. nur auf den vorderen plaetzen, in reihe eins, sitzt irgendwie einer zu viel. man verspricht uns, dass er sehr bald aussteigen werde. tut er auch, aber nur um eine gluehbirne fuer das taxi zu kaufen und wieder platz zu nehmen.
die strasse vor dem fenster geraet in bewegung, das taxi fuellt sich mit einem anstrengenden gebraeu aus dieselgestank und bollywoodmusik. dazwischenm, auf der handbremse hockend, der abwechselnd oder zugleich popelnde und telefonierende dritte, der nach wie vor gleich aussteigen will.

ich verstopfe meine ohren mit kopfhoerern, danke gott und den psychoaktiven pflanzen, dass es mezzanine gibt, diese wunderbare platte, die wirklich auf allen strassen und in allen naechten ein zuhause findet, und bekomme nur ganz am rande mit, wie der unmut meiner mitfahrer ueber das lahme reisetempo und andere unschoene details in offenen groll umschlaegt, als unsere lustigen kutscher ploetzlich in eine teestube an der strasse verschwinden und sich wundern, warum wir im auto sitzenbleiben...
sie handeln sich einen grimmigen anschiss ein, der berechtigt ist, und setzen mit vergriesgnaddelten gesichtern, aber weiterhin zu zweit, die fahrt fort.

der mann auf der bremse wird auch bis mysore nicht verschwinden, denn er ist in wirklichkeit der fahrlehrer, der dem, der es nicht so eilig hat, erklaert, wie man faehrt und gluehbirnen wechselt.

als wir sehr spaet ankommen, tut nicht nur thomas der arsch weh, der ob seiner laenge immer vorne sitzen muss. unser hotelzimmer liegt direkt ueber einer lauten strasse, auf der unser taxiduo noch lange und vergeblich auf ein trinkgeld wartet.

Dienstag, September 20, 2005

wichteablichten

auf der rueckfahrt von hampi haben wir noch zwei naechte in einem staatlichen hotel in badami eingecheckt. um mal kurz debn unterschied zu erlaeutern: private unterkuenfte sind auf dich als touri angewiesen, es wird alles vermietet, was irgendwie als hotelzimmer beschreibbar ist, die leute sind sehr freundlich und zuvorkommend und zum teil ruehrend bemueht, dich mal wiederzusehen. in staatlichen hotels ist das nicht so.

man ist fremdkoerper hier, ich hab gehoert, dass gelegentlich ein leeres hotel fuer ausgebucht erklaert wird und der traveller weitertraveln darf, weil die leute einfach keine lust haben.

so laesst man sich also zwei tage lang schief angucken und hat dafuer ein riesiges zimmer, fernseher und sogar warmwasser.

und das malerische badami.
der alte tempel liegt so schoen in den bergen, dass sogar ein tempelmuffel wie ich sich ruehren laesst. man blickt von weit oben auf einen kuenstlichen see herab, der gruen in der sonne schillert. ist man weiter unten erkennt man, dass das wasser tatsaechlich eine grasgruene plorre ist, die die natur bestimmt so nicht gewollt hat.
trotzdem ist man angetan von all den frauen die auf den stufen ihre saris waschen und ein spaziergang durch die gassen des ortes ist auch sehr lustig. selbst die kleinsten koennen hier schon fotofoto sagen und man muss staendig stehenbleiben um die eine oder andere kleine meute abzulichten. alle sind ganz stolz, mal auf ein touristenfoto geraten zu sein und erstaunlicherweise will kaum einer der knirpse was dafuer haben. (ausser der eine, der mit ernstem gesicht erklaert, er sammle euromuenzen. ich schenke ihm ein kleines klimpern, worauf er aufuehrt, ausserdem auch euroscheine zu sammeln... ich schenke ihm nichts mehr. denn wenig spaeter versucht er den euro bei meiner anja in rupien umzutauschen)

ansonsten wollen die kinder eher skurriles wie shampoo, schokolade oder haarklemmen und sind auch weiterhin froehlich, wenn sie nichts von alldem bekommen. im gegenteil, stolz praesentieren sie uns ein paar arme fische, die sie in eine kleine flasche gestopft haben. und wir muessen alles fotografieren.

und jetzt die affen: schon auf dem parkplatz warnt ein schild vor den affenbanden. mir wird gesagt, dass man auf gar keinen fall etwas essbares aus der tasche ziehen sollte, auch nichts, was fuer einen affen so aussieht.

die ersten der kleinen ungeheuer sind fuer uns recht putzig, als wir den ausguck erklimmen. sie halten abstand, posieren ein bisschen vor den anwesenden kameras und verschwinden alsbald wieder. und man denkt sich, dass das doch gar nicht so wild ist.
als wir wieder herabsteigen geraten wir mitten in eine vorbeiziehende bande, in der es gerade meinungsverschiedenheiten zu geben scheint. und das ist dann schon beeindruckend, wenn zehn der kleinen tierchen auf einen zurennen, bruellen und fauchen zaehneblecken und von weiter hinten immer mehr kommen... in so einem moment spendet auch die tollwutimpfung wenig trost, die man vor der reise teuer erstanden hat.

aber sie haben uns weder in der luft zerrisen oder vom naechsten felsen gestuerzt, wie man das in einschlaegigen dschungelbuechern nachlesen kann, sondern noch diverse popoechen in unsere kameras und schoen still gehalten, so dass wir am ende doch ganz zufrieden waren. ganz anders der polizist, dem sie auf dem parkplatz eine tasche mit seinem geld etc. geklaut haben.

als wir spaeter unter einem baum rasten, kurz die augen zumachen, geht es uns fast genauso. ich schau mich um und einer der halunken streckt gerade seine hand nach anjas rucksack aus. wir sehen uns tief in die augen, ich mache sch-laute, der affe kann das etwas besser. erst als ich ein foto machen will, haut er ab. ich finde mich toll, aber der affe ist besser, denn er geht einfach um den baum rum und langt hinter mir nach dem anderen rucksack. diesmal mache ich kein foto, sondern hole mit der kamera zum rechten haken aus.

es kommt aber zu nichts, affe geht seiner wege und ich werde von vorbeikommenden indern ausgeschimpft, weil man in indien den heerscharen hanumans, des grossen affenkoenigs, freundlich gesinnt ist und senen rucksack einfach nicht so rumliegen laesst.

einen tag spaeter (nach einem unterhaltsamen bollywoodfernsehabend) begeben wir uns dann wieder in die gemaessigte anarchie des indischen strassenverkehrs und rauschen hupend an huehnern, schweinen, kuehen, hunden, seltsamen gefaehrten und menschenmenschenmenschen vorbei und wieder zurueck nach goa.